Akut geschützt, langfristig gefährdet

01.11.24 12:00 AM Von Bernhard Sillich

Warum unser Gesundheitssystem uns nicht vor chronischen Krankheiten bewahrt

Unser Gesundheitssystem hat in den letzten Jahrzehnten immense Fortschritte erzielt. Durch bahnbrechende Entwicklungen in der Akutmedizin können heute Krankheiten und Verletzungen behandelt werden, die früher unweigerlich zum Tod geführt hätten. Hightech-Geräte, innovative Medikamente und spezialisierte Fachkräfte ermöglichen es, akute medizinische Probleme schnell und effektiv zu lösen. Doch während wir in der Behandlung akuter Symptome brillieren, geraten die eigentlichen Ursachen chronischer Erkrankungen zunehmend aus dem Blickfeld. Das hat weitreichende Konsequenzen für die Gesundheit der Bevölkerung.

Errungenschaften der Akutmedizin

Es ist unbestreitbar, dass die Akutmedizin lebensrettend ist. Notfallinterventionen bei Herzinfarkten, Schlaganfällen oder schweren Unfällen retten täglich Menschenleben. Intensivmedizinische Behandlungen, Organtransplantationen und minimalinvasive chirurgische Techniken haben das Überleben und die Lebensqualität vieler Patienten verbessert. Diese Leistungen sind das Ergebnis jahrelanger Forschung und Hingabe und verdienen höchste Anerkennung.

Die vernachlässigten Ursachen chronischer Krankheiten

Dennoch steht die Medizin vor einer neuen Herausforderung: der steigenden Prävalenz chronischer Erkrankungen. Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten nehmen weltweit zu. Diese Erkrankungen entwickeln sich oft über Jahre oder Jahrzehnte und sind eng mit modifizierbaren Risikofaktoren wie Ernährung, Bewegung und Lebensstil im Allgemeinen verbunden.

Unser derzeitiges Gesundheitssystem ist jedoch primär darauf ausgerichtet, akute Symptome zu behandeln anstatt präventiv die Ursachen dieser Symptome anzugehen. Dies führt dazu, dass viele Menschen erst dann medizinische Hilfe suchen, wenn bereits Schäden eingetreten sind.

Wirtschaftliche und soziale Folgen

Die Vernachlässigung der Prävention und frühen Intervention hat nicht nur gesundheitliche, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Folgen. Chronische Krankheiten sind für einen Großteil der Gesundheitsausgaben verantwortlich. Hohe Krankenstände belasten Unternehmen und führen zu Produktivitätsverlusten. Die Arbeitskraft der Bevölkerung wird durch chronische Erkrankungen beeinträchtigt, was langfristig die Wirtschaft schwächt und die sozialen Sicherungssysteme belastet.

Darüber hinaus führen chronische Krankheiten zu einem Verlust an Lebensqualität. Schmerzen, Einschränkungen in der Mobilität und Abhängigkeit von Medikamenten können das tägliche Leben stark beeinträchtigen. Psychische Belastungen wie Depressionen und Angstzustände treten häufig als Begleiterscheinungen auf.

Aktuelle Lebensstilrisiken

In unserer modernen Gesellschaft sind ungesunde Lebensgewohnheiten weit verbreitet. Übermäßiger Konsum von verarbeiteten Lebensmitteln, hoher Zucker- und Fettkonsum, Bewegungsmangel und chronischer Stress sind zu alltäglichen Begleitern geworden. Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass viele Menschen überwiegend sitzende Tätigkeiten ausüben. Gleichzeitig fördern Werbung und Medien den Konsum ungesunder Produkte.

Der Schlaf wird oft vernachlässigt, obwohl er für die Regeneration essenziell ist. Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung und Lärmbelastung tragen zusätzlich zum gesundheitlichen Risiko bei.

Metabolisches Syndrom und Insulinresistenz: Die unterschätzten Bedrohungen

Besonders besorgniserregend sind das metabolische Syndrom und die Insulinresistenz. Das metabolische Syndrom ist eine Kombination aus mehreren Stoffwechselstörungen, darunter:

  • Abdominelle Adipositas (Bauchfett)
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Dyslipidämie (ungünstige Blutfettwerte)
  • Hyperglykämie (erhöhter Blutzucker)

Insulinresistenz ist ein Zustand, bei dem die Körperzellen nicht mehr angemessen auf das Hormon Insulin reagieren. Dies führt zu erhöhten Blutzuckerspiegeln und kann in Typ-2-Diabetes münden.

Diese Gesundheitsprobleme entwickeln sich oft unbemerkt. Standarduntersuchungen beim Hausarzt können frühe Warnsignale übersehen, da z.B. Symptome wie Müdigkeit oder leichte Gewichtszunahme häufig anderen Ursachen zugeschrieben werden. Ohne gezielte Tests bleiben Insulinresistenz und das metabolische Syndrom häufig unentdeckt, bis ernsthafte Komplikationen auftreten.

Die Verantwortung des Einzelnen

Angesichts dieser stillen Bedrohungen ist es entscheidend, dass jeder Einzelne proaktiv handelt. Informieren Sie sich über Risikofaktoren und nutzen Sie Vorsorgeuntersuchungen. Spezielle Gesundheits-Checks können dabei helfen, Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.

Eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und effektives Stressmanagement sind Schlüsselelemente für die Prävention. Kleine Veränderungen im Alltag können große Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Bereits 30 Minuten moderate Bewegung pro Tag können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant senken.

Moderne Möglichkeiten zur Gesundheitsvorsorge

Die Medizin bietet heute zahlreiche Technologien, um den Gesundheitszustand umfassend zu beurteilen:

  • Genetische Tests: Können individuelle Risiken aufdecken (z.B. Lp (a))
  • Moderne Blutanalysen: Identifizieren Marker für Entzündungen, Nährstoffdefizite und Stoffwechselstörungen.
  • Wearables und Apps: Überwachen Vitaldaten wie Herzfrequenz, Schlafqualität und Aktivitätsniveau.

Durch die Nutzung dieser Möglichkeiten können Sie einen detaillierten Einblick in Ihre Gesundheit erhalten und frühzeitig Maßnahmen ergreifen.

Ausblick: Gemeinsam gegen chronische Krankheiten

Es ist an der Zeit, dass unser Gesundheitssystem und wir als Gesellschaft einen medizinisch nachhaltigeren Ansatz verfolgen. Prävention und Gesundheitsförderung müssen stärker in den Fokus rücken. Bildungsprogramme, gesundheitsfördernde Arbeitsumgebungen (s. betriebliche Gesundheitsförderung) und der Zugang zu gesunden Lebensmitteln sind wichtige Bausteine.


Krankheiten zu vermeiden oder deren Verlauf positiv zu beeinflussen. Themen wie Ernährungsumstellung, Bewegungsprogramme, mentale Gesundheit und innovative Therapien stehen dabei im Mittelpunkt.

Freuen Sie sich auf inspirierende Geschichten von Menschen, die durch Veränderungen in ihrem Lebensstil ihre Gesundheit verbessert haben. Experteninterviews und praktische Tipps unterstützen Sie dabei, Ihren eigenen Weg zu finden.

Schlusswort

Die Gesundheit ist unser höchstes Gut, und es liegt in unserer Verantwortung, sie zu schützen und zu fördern. Indem wir uns informieren, bewusste Entscheidungen treffen und aktiv handeln, können wir die Kontrolle über unser Wohlbefinden übernehmen. Lassen Sie uns gemeinsam den Wandel gestalten – für ein Leben in Gesundheit und Vitalität.


Bleiben Sie dran und nehmen Sie Ihre Gesundheit selbst in die Hand!

Erschienen in:

Reformleben Magazin

Ausgabe Nr. 59 (Nov./Dez. 2024)

Akut geschützt, langfristig gefährdet

Warum unser Gesundheitssystem uns nicht vor chronischen Krankheiten bewahrt

Bestellen

Bernhard Sillich