Die meisten Abnehmwilligen werden durch Diäten nur dicker und frustrierter. Ein Blick hinter die Kulissen des Stoffwechsels erklärt warum und legt eine simple Lösung nahe.
Egal ob Reistage, Saftkuren, Trennkost oder vor halbleeren Tellern hocken, kalorienreduzierte Diäten belohnen nur den kurzfristigen Ehrgeiz. Sie scheitern am „Spaßfaktor“ und am langfristigen Erfolg. Zu viel Verzicht, zu wenig Geschmack, zu kompliziert im Alltag und das Gewicht, das wir verlieren, geht dank unzureichender Kalorienzufuhr häufig auf das Konto der Muskelmasse, unserem besten Fettverbrenner. Speckpolster bangen bei all dem nur selten um ihre Vorräte. Der Körper schützt seine Reserven indem er die Fettdepots verschließt und senkt seinen Grundumsatz, die Energiemenge, die der Körper zur Aufrechterhaltung seiner Funktionen benötigt. Zum ungestillten Hunger gesellt sich damit beständiges Unwohlsein.
Sinkender Grundumsatz bei Diäten
Schauen wir in die Zeit zurück, als der Mensch noch Jäger und Sammler und dasLeben noch hart war, macht das durchaus Sinn. Der Stoffwechsel auf Sparflamme ermöglicht uns mit Weniger auszukommen. Ein seit Jahrmillionen bewährtes Konzept in Zeiten der Dürre. Der Körper weiß ja nicht, dass wir gerade „nur“ eine Diät machen.
Wie in Hungerzeiten sinkt auch bei kalorienreduzierten Diäten – hier unerwünscht – der Grundumsatz (basale Stoffwechselrate) fatalerweise, bei Radikaldiäten oder wiederholten Diäten sogar deutlich, wodurch der Abnehmerfolg im Laufe der Diät nachlässt und das Gewicht häufig sogar stagniert. Kehren wir nach der – auf Dauer unerträglichen Diät – zur gewohnten Ernährung und Kalorienzufuhr zurück, bleibt der Grundumsatz niedrig und wir nehmen stärker zu als je zuvor. Der berühmte „Jo-Jo-Effekt“ tritt ein.
Zuerst der Zucker
Fette und Kohlenhydrate (Mehrfachzucker) dienen unserem Körper als Energiequelle. Aus Zucker kann unser Körper dabei am schnellsten Energie gewinnen. Dazu bedient er sich am Blutzucker (Einfachzucker), der aus Zuckern der Nahrung und aus den eigenen Reserven, dem Speicherzucker Glykogen in Muskeln und Leber, aufrechterhalten wird. Zwei Hormone halten den Blutzucker dabei im Zaum: Wird er durch den Verbrauch knapper, sorgt das Hormon Glukagon für Nachschub aus der Nahrung und den Speicherzucker-Reserven. Ist der Zuckerspiegel im Blut dagegen ausreichend oder sogar zu hoch, verschließt der Gegenspieler, das Hormon Insulin, sämtliche Energierücklagen, egal ob Zucker- oder Fettdepots, und fördert vorrangig die Blutzuckerverwertung.
An unsere Fettdepots kommen wir deshalb nur, wenn Blutzucker- und Speicherzucker- Rücklagen aufgebraucht sind, zum Beispiel bei längerer, großer körperlicher Anstrengung (z. B. Langstreckenlauf), aber auch, wenn keine Kohlenhydrate nachkommen (nach ca. 6–8 Stunden). Erst dann ist der Körper gezwungen, seinen Stoffwechsel umzustellen und auf Fette zurückzugreifen. Die Leber beginnt dann verstärkt Fette in sogenannte „Ketonkörper“ aufzuspalten und diese als Energiequelle für Gehirn, Muskeln und andere Organe zur Verfügung zu stellen (Ketose). Weil Dank niedrigem Blutzuckerspiegel kaum noch Insulin im Körper kreist, sind die Fettdepots für den Zugriff geöffnet. Nun bauen wir Fett ab.
Low Carb und ketogene Ernährung
Im Vergleich mit Diäten bewirken Ernährungsformen, wie „Low-Carb“ oder „ketogen“ – wenig bzw. sehr wenig Kohlenhydrate – eine Absenkung des Blutzuckers und damit des Insulinspiegels. Die Durchführung ist natürlich ungewohnt, aber leichter als man denkt. Soll der Erfolg eintreten, streichen wir kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Nudeln, Getreide, Reis, Kartoffeln und natürlich Zucker von unserem Speiseplan. Dafür gibt es Schalentiere, fetten Fisch, Eier, gesunde Fette (z. B. Olivenöl, Leinöl, Kokosöl) und viel kohlenhydratarmes Gemüse (z. B. Kohl, Spinat, Spargel und Tomaten). Bei Früchten werden die zuckerarmen Sorten und Beeren bevorzugt (z.B. Johannisbeeren, Himbeeren, Blaubeeren). Natürlich kann der Eiweißbedarf – von Dr. Mohr gut begründet und erklärt (s. reformleben Nr. 25, Nr. 3) – auch pflanzenbasiert gedeckt werden.
Vereinfacht gesagt unterscheiden sich diese Ernährungsformen durch einen hohen Anteil an gesunden Fetten zu Lasten übermäßiger kurz- und mittelkettiger Kohlenhydrate. Je mehr dieser Kohlenhydrate Sie streichen, desto schneller normalisiert sich Ihr Gewicht und Ihre Gesundheit – in Ketose winken weitere gesundheitliche Vorteile.
Gemüse nicht vergessen
Hartnäckig hält sich der Mythos, bei kohlenhydratarmen Ernährungsformen müsse auf Gemüse und Obst verzichtet werden. Das Gegenteil ist der Fall. Lediglich werden stärkeund kohlenhydratarme Gemüse und zuckerarme Obstsorten bevorzugt, wie sie unsere Vorfahren wohl ausschließlich vorfanden. Die Umstellung auf eine kohlenhydratarme Ernährung ist sogar eine Gelegenheit, frisches Gemüse, Salate und Obst wieder mehr zur Grundlage der eigenen Ernährung zu machen.
Der hohe Faseranteil hält nicht nur unsere bakterielle „Darmflora“ gesund, die unsere Darmgesundheit und unser Immunsystem im Lot halten. Die für uns unverdaulichen Ballaststoffe der pflanzlichen Kost sorgen
als Quellstoffe auch für gute Verdauung und längere Sättigung, sie senken den Cholesterinspiegel und unterstützen damit gesunde Blutfettwerte und sie helfen den Blutzuckerspiegel gleichmäßig niedrig zu halten, was nicht nur für Diabetiker von Vorteil ist.
„Der kleine Hunger zwischendurch“ – besser als jede Diät
Erweiterte Essenspausen einzulegen, wird als „Intervallfasten“ oder intermittierendes Fasten bezeichnet. Tatsächlich gehören längere Nahrungspausen aber zu unseren entwicklungsgeschichtlichen Wurzeln, mal gibt es Essen, mal nicht. Mal Kalorienverbrauch (Jagen/Sammeln), mal Kalorienaufnahme (Essen).
Der Wechsel ist wichtig, wissen Wissenschaftler heute, damit der Körper regenerieren kann. „Autophagie“, wird einer der Prozesse fachsprachlich genannt. Erhält der Körper mal wirklich gar keine Nahrung, beginnt er bei sich selbst aufzuräumen, schadhafte Zellbestandteile zu vertilgen oder fehlerhafte gefaltete Eiweiße, wie das Beta-Amyloid im Gehirn von Alzheimerpatienten zu entsorgen. Angekurbelt wird diese „Müllentsorgung“ durch Moleküle, wie Spermidin oder Sirtuiz1ein Enzym, das auch Entzündungen unterdrückt und die Stressresistenz von Zellen erhöht. Studien weisen darauf hin, dass die Autophagie vor Bluthochdruck, Herzversagen, Demenz, Krebsleiden und anderen Altersgebrechen schützen hilft. Zellen, die im Labor „hungern“ leben länger.
Das „Hungerprogramm“ läuft in allen Spezies dieser Erde vergleichbar ab, von der Bäckerhefe bis zur Stubenfliege, von der Maus bis zum Mensch – ein Zeichen, dass es sich bewährt hat.
Im Gegensatz zur kalorienreduzierten Diät, hat das „0-Kalorien-Programm“ (Fasten) noch einen weiteren Vorteil. Der Körper drosselt den Grundumsatz nicht, er erhöht ihn sogar vorübergehend. Vielleicht, um mit dieser Energie den Erfolg beim Sammeln und Jagen sicher zu stellen. Intervallfasten jedenfalls hält das Insulin niedrig, den Fettstoffwechsel hoch, wir haben kein erhöhtes Hungergefühl und keinen Jo-Jo-Effekt. Es verträgt damit auch Ausnahmen und Pausen. Schließlich wollen wir ja auch mal schlemmen.
Und so geht´s: Wenn Sie z. B. um 19 Uhr die letzte Mahlzeit zu sich nehmen und dann erst wieder um 11 Uhr vormittags, hat ihr Körper 16 Stunden gefastet und viel Zeit im Fettstoffwechsel verbracht. Sie können mit 12 Stunden anfangen und sich langsam vortasten. Kalorienfreie Getränke, wie Kaffee schwarz, Tees oder (Ingwer-)Wasser, sind immer erlaubt. Eine natürliche Stütze beim Abnehmen bieten Pflanzenstoffe, wie Frischpflanzenpresssäfte aus Kartoffel, Artischocke und Brennnessel. Sie treiben den Stoffwechsel an, helfen beim Entgiften und fördern die Selbstheilungskräfte.
Nur keine Snacks. Die blockieren über den erhöhten Blutzucker und das aufsteigende Insulin sofort die Fettverbrennung. Essen Sie daher abends moderat und kohlenhydratarm – möglichst auch keinen Alkohol. So sinkt der Insulinspiegel und Erholung und Fettverbrennung setzen schneller ein.
Bewegung hält fit und erhöht den Kalorienverbrauch
Wer sich viel bewegt, bleibt fit und baut Muskeln auf. Eine starke Muskulatur formt die Figur und verbrennt viele Kalorien. Direkt, in Bewegung, aber auch nachhaltig, durch einen erhöhten Grundumsatz. Je nach körperlicher Verfassung kann die tägliche Trainings-Einheit aus einem 30-minütigen flotten Spaziergang bestehen, einem intensiven Kreislauftraining oder entsprechendem Krafttraining.
Beachtlich ist, dass Sie – natürlich aufgewärmt – mit intensiven Belastungen (HIIT – High Intensiv Intervall Training) in kurzer Zeit eben so viel oder mehr erreichen können, wie in der doppelten Zeit bei nur moderater Belastung. Der Körper baut nur auf, wenn er gefordert wird. Geeignet sind zum Beispiel Wandern, Walken, Joggen, Schwimmen, Radfahren, Skilanglauf aber auch Krafttraining zu Hause oder im Fitnessstudio.